Auf in den Oberharz!

Die Teilnehmer vor der Brauereibesichtigung.

Auf in den Oberharz!

Die erste Fachveranstaltung in diesem Jahr fand am 11. April 2024 auf Einladung der Altenauer Brauerei in Clausthal- Zellerfeld Ortsteil Altenau statt. Nach kurzer Begrüßung auf dem Brauereihof durch den 1. Vorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen Jörg Balthasar und Inhaber der Brauerei Joachim Kilian, hörten die Teilnehmer im „Schalander“ einen sehr interessanten Vortrag vom Leiter der Forschungsbrauerei, Prof. Dr. Frank Endres: "Die Forschungsbrauerei der TU Clausthal und neue Wege zu alkoholreduzierten Bieren“. Als Chemiker sind ihm die Umsetzungsvorgänge beim Maischen bestens vertraut und so entwickelte er ein isothermes Maischverfahren, um daraus ein alkoholreduziertes Bier herzustellen. Interessant ist, dass hierbei dem die Temperatur im Maischgefäß für 120 Minuten bei 72 Grad Celsius konstant gehalten wird! Aus der Malzmischung entstehen Würzen mit Stammwürzen zwischen 10,6 und 12,1 °P. Der Alkoholgehalt der fertigen Biere liegt aber nur zwischen 1,9 und 3,5 Vol.-%, was als kostengünstiges Herstellungsverfahren für alkoholreduzierte Biere angesehen werden kann – ohne nachträgliche Entalkoholisierung oder gestoppte Gärung mit den bekannten sensorischen Nachteilen.

Der technologische Ansatz des isothermen Maischens ist im angelsächsischen Raum seit langem bekannt: Bierwürzen werden mit einem einfachen Maischverfahren hergestellt, dass alle üblichen Rasten auslässt und sofort bei 72 °C eingemaischt wird. Dies hat zur Folge, dass die Aktivität der Beta-Amylase, die überwiegend zur Bildung von Maltose beiträgt, bei Temperaturen über 70 °C innerhalb weniger Minuten inaktiviert wird. Auch die Wirkung der Alpha-Amylase, die aus Stärke höhere Zucker und Maltose sowie geringe Mengen an Glucose freisetzt, wird ab 72 °C geschwächt. Es kommt daher sofort die Frage auf, ob durch das isothermen Maischverfahren die Stärke in den Würzen überhaupt bis zur Jodnormalität abbaut. Auch ist zu beachten, ob die hergestellte Würze ausreichend freien Aminosäuren (FAN) für eine normale Vergärung hat und welche Konzentrationen an vergärbaren Zuckern schlussendlich erreicht wird. Die Analysen, welche zusammen mit der TUM-Weihenstephan durchgeführt wurden, belegen die Praktikabilität dieses Verfahrens. Auch wurden beim Verkosten kaum Unterschiede zu Bieren, welche mit klassischen Maischverfahren hergestellt wurden, festgestellt.

Prof. Endres konnte den interessiert zuhörenden Kollegen berichten, dass die so in der Forschungsbrauerei im Institut für Elektrochemie der TU Clausthal produzierten Biere, gerade wegen ihrer Vollmundigkeit und dem gleichzeitig niedrigem Alkoholgehalt von weiblichen Konsumenten geschätzt werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit diesem isothermen Maischverfahren helle Biere mit Stammwürze von 12 °Plato bei nur rund 3,5 Vol.-% Alkohol darstellbar sind, mit dunklen Malzen wird bei Stammwürze von rund 11° Plato ein Alkoholgehalt von rund 2 Vol.-% erreicht.

Im Anschluss gab es die Möglichkeit, alle Bereiche der gut 9.000 hl großen Altenauer Brauerei kennenzulernen. Inhaber Diplom-Braumeister Joachim Kilian hat zusammen mit Sebastian Schneider den Betrieb im Jahr 2021 von der Klosterkammer Hannover gekauft und konnte so die bereits angekündigte Schließung abwenden. Durch den engagierten Einsatz von Mitarbeitern, aber auch der Familie wurden das Sudhaus-und Kellergebäude in Eigenregie von Innen und Außen grundlegend saniert und danach die überfällige Erneuerung der Tanks im Gär- und Lagerkeller vorgenommen. Er erzählte anschaulich, welcher Aufwand notwendig war, um die Beton-Gärbottiche zu entfernen: Mit diamantbesetzter Säge, Presslufthammer und viel Muskelkraft wurden rund 75 Tonnen Stahlbeton in Handarbeit ausgebracht. Auch wurde jeder Lagertank so weit zerschnitten, dass die Teile vom Autokran stückweise durch das Dach herausgehoben werden konnten. Von Vorteil ist, dass Miteigentümer Sebastian Schneider als Metallbaumeister und Schweißfachmann alle notwendigen Umbauten selbst durchführte und auch Maschinen fertigt, wie zum Beispiel die sehr kompakt aufgebauten Ein- und Auspacker in der Abfüllung. Diese wurde zum Abschluss der Führung besichtigt und die Kollegen hörten auch hier den Ausführungen genau zu: Zwei Mitarbeitern schaffen es, an einem Fülltag bis zu 32 Europaletten Bier und Limonaden in 0,33 Ltr. Bügelverschlussflaschen abzufüllen – eine beachtliche Leistung, die aber immer vorsortiertes Leergut voraussetzt, wie Joachim Kilian ausführte.

Wir danken dem Gastgeber Joachim Kilian und seinen Mitarbeitern für gute Bewirtung mit Essen und Getränken. Die Veranstaltung in der höchstgelegenen Privatbrauerei Norddeutschlands wird allen Teilnehmern in guter Erinnerung bleiben und wir wünschen der Altenauer Brauerei weiterhin viel Erfolg!

Ingo Schaller

Eindrücke

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