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13. Dezember 2024 Ralph Barnstein Berlin-Brandenburg
Auf den Spuren des Kunze
Am 13.12.2024 trafen sich 42 Teilnehmende der LG Berlin-Brandenburg zur Mitgliederversammlung an der VLB Berlin. Der Landesgruppenvorsitzende Jens Kemmel begrüßte die anwesenden Mitglieder und Gäste und bedankte sich bei Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine für die Ausrichtung der Veranstaltung sowie das Sponsoring für Bier und Buffet. Einen besonderen Gruß richtete Kemmel an die Ehrenmitglieder der Landesgruppe, Dr. Hans-Jürgen Manger, Jürgen Richter und Jörg Kirchhoff. Kemmel würdigte den 80. Geburtstag des langjährigen Fördermitglieds Jörg Wenzel. Außerdem konnten Neuaufnahmen und „Wiederkehrer“ begrüßt werden.
Für das bevorstehende Jahr 2025, dessen Programm durch Kemmel angekündigt wurde, hält die Landesgruppe Berlin-Brandenburg allerlei Veranstaltungen bereit. Höhepunkt wird die dreitägige Exkursion Richtung Sauerland und seine Brauereien darstellen.
Nach dem Veranstaltungsauftakt ging das Wort an den Kollegen Olaf Hendel über, der einen Einblick in die Entstehung des unumgänglichen Werks aller Brauer gab: „Aus Sachsen in die Welt – die Erfolgsgeschichte des Lehrbuchs ‚Technologie Brauer & Mälzer‘ von Wolfgang Kunze“.
Dabei ging Hendel zunächst auf den Werdegang Kunzes ein, der den Wirren der Zeit geschuldet eher „zufällig“ Brauer wurde. Mit 17 Jahren ging dieser 1943 für die Ausbildung zum Marinesoldat nach Danzig und geriet nach Stationierung in Dänemark bis Kriegsende in britische Gefangenschaft in Schleswig-Holstein. Mit nur einem Notabitur in der Tasche kam Kunze mit 19 Jahren zurück in die Heimat nach Radebeul und entschied sich, da das seinen Interessen entsprechende Chemiestudium ihm unzugänglich erschien, für eine Lehre zum Brauer und Mälzer, die er in der Waldschlößchen Brauerei Dresden absolvierte. Es folgte das Studium zum Diplom-Brauerei-Ingenieur in Berlin, das damals noch grenzübergreifend mit Lehrveranstaltungen an den Standorten der beiden Berliner Universitäten in der Invalidenstraße – Sowjetische Zone, in Dahlem – Amerikanische Zone und an der VLB Berlin – Französische Zone, stattfand. Zur Jobsuche kehrte die junge Familie Kunze 1952 zurück nach Radebeul und Kunze nahm eine Stelle an der Berufsschule „Brau und Malz“ in Dresden an. Im Jahr 1959 sagte Kunze einer Anfrage des Verlags „Volk und Wissen“ zur Entwicklung eines Lehrbuchs für Brauer zu, dessen Manuskript 1961 mit 510 Druckseiten fertiggestellt wurde. Die Grafiken der ersten Auflagen wurden durch Fritz Hampel angefertigt, aus dessen Feder u. a. auch Grafiken für die Sachsenring Werke Zwickau entsprangen. Ab Oktober 1962 konnte das Buch unter dem Titel „Technologie für Brauer und Mälzer“ in der DDR erworben werden. Herausgebender Verlag war nach einer Umstrukturierung des Verlagswesens nunmehr der kleinere Fachbuchverlag Leipzig. Limitierte Papierkontingente erschwerten die Produktion von Beginn an. Ein Abverkauf in die BRD war daher nicht erwünscht. Dennoch gelang es auch Braulehrlingen auf der anderen Seite der Grenze, des begehrten „Kunze“ habhaft zu werden. Bis 1989 wurden insgesamt sechs Auflagen herausgebracht. Oft, um den Entwicklungen in der Branche gerecht zu werden. Einige erschienen jedoch auch als Nachdrucke, da die vorherige Auflage zur Neige ging. Mit der Wende wurde Kunze in den Ruhestand versetzt. Aus einer zunächst als vorübergehend geplanten Situation sind 38 Berufsjahre als Lehrkraft geworden. 1991 trat der derzeitige Geschäftsführer der VLB, Jürgen Niefind an Kunze heran und sprach ihm sein Interesse an einer Zusammenarbeit aus. Die VLB erwarb vom Fachbuchverlag Leipzig die Verlagsrechte. Die erste Auflage unter neuer Zuständigkeit erschien 1994. Bis 2023 wurden insgesamt sechs weitere, stets aktualisierte Auflagen herausgebracht. Auch im Ausland wurde man auf das Fachbuch aufmerksam, sodass über die Jahre sowohl genehmigte, als auch „wilde“ Übersetzungen erschienen. Die erste koordinierte Übersetzung wurde bereits 1983 in Ungarn publiziert. 1998 überraschte eine Übersetzung aus Jugoslawien. Im selben Jahr erschien eine erste chinesische Übersetzung der Brauerakademie in Wuhan. Eine polnische Ausgabe wurde 1999 durch Piwochmiel publiziert. Durch die VLB wurden englische, russische und spanische Auflagen der „Technologie Brauer und Mälzer“ herausgebracht, die ebenso wie die deutsche Ausgabe regelmäßig aktualisiert werden. Drei Monate vor seinem Tod verkaufte Wolfgang Kunze Ende 2015 die Nutzungsrechte für sein Werk in allen Sprachen und mit der Genehmigung zur Aktualisierung an die VLB. Der stets geschäftstüchtige Sohn eines Bankdirektors hat somit den Fortgang und die Entwicklung seines Werkes gesichert und wird weiterhin eine Vielzahl an Brauern und Mälzern auf ihrem Weg durch die berufliche Praxis begleiten.
Hendel sei für seinen kurzweiligen Vortrag über den Werdegang eines gewichtigen Werkes der Berufspraxis in der deutschen und internationalen Braubranche gedankt. Ein außerordentlich ruhiges, dem Zuhören ganz zugetanes Publikum sprach für sich.
Bei Speis und Trank folgte dem offiziellen Teil der Veranstaltung ein reger, abendfüllender Austausch.
Lisa Bauer
Fotos: Norbert Heyer, Ingo Pankoke
Grafiken von Fritz Hampel und Buchcover der ersten Auflage „Technologie für Brauer und Mälzer“ zur Verfügung gestellt durch Olaf Hendel, VLB Berlin.
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Hintere Reihe (von links):Sven Detering, Marcel ter…
Prof. Dr. Josef Schrädler, Prof. Dr. Martin Krottenthaler,…
von links:Thomas Kraus-Weyermann (neuer Ehrenvorsitzender…