3. Techniktag Ulm

3. Techniktag Ulm

 

 

Impulse für die Betriebspraxis

Alle zwei Jahre organisiert die Landesgruppe Württemberg des Deutschen Braumeister- und Malzmeister-Bundes (DBMB) im Brauer-Internat der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule in Ulm den „Techniktag Ulm“. Am 23. und 24. Januar 2025 fand die dritte Ausgabe statt. Dr. Moritz Krahl, 1. Vorsitzender der Landesgruppe Württemberg im DBMB, freute sich über die große Resonanz: Rund 100 Teilnehmer konnte er begrüßen.

 

 

Aktuelles von Hopfen, Gerste, Hefe

Mit einem Überblick über aktuelle Themen des Hopfenanbaus eröffnete Dr. Motiz Krahl das Tagungsprogramm. Trotz einer „Delle“ im Jahr 2022 brachten die letzten Jahre durchschnittliche bis gute Hopfenernten, sodass die Versorgungslage sehr gut ist. Allerdings werden wohl der rückläufige Biermarkt, die wieder nahezu in die Bedeutungslosigkeit verschwundene Craft Bier-Szene (was den Marktanteil betrifft) und sinkende Alpha-Werte pro Hektoliter voraussichtlich zu einer Verringerung der Anbauflächen führen. In den USA lagern derzeit Hopfen im Wert von geschätzt einer Mrd EUR, in Deutschland sind es rund 500–600 Mio EUR. Zudem herrscht Unklarheit über die Zukunft des Wirkstoffs Dimethomorph, über den die European Food Safety Authority (EFSA) voraussichtlich Mitte 2025 entscheiden wird.

 

Wie Prof. Martina Gastl vom Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) erläuterte, zeigten die Sommerbraugerstenernten der letzten Jahre besonders in trockenen und heißen Perioden einen deutlichen Trend zu sehr niedrigen Eiweißwerten. Der Durchschnitt der Ernte 2024 lag bei 9,9 Prozent – ein riesiges Problem, da der Eiweißgehalt sehr viele Aspekte der Bierqualität beeinflusst. Brauer können dem bis zu einem gewissen Grad mit höheren Einmaischtemperaturen (über 55 °C) begegnen. Prof. Gastl empfiehlt jedoch vor allem das sogenannte 3-Säulen-Modell: Brauereien sollten neben Sommerbraugerste auch Winterbraugerste und Sommerbraugerste in Herbstaussaat nutzen, die meist höhere Eiweißwerte mitbringen.

Anschließend beleuchtete Oliver Kunz, BLQ, mikrobiologische Besonderheiten des Jahres 2024, das in den Analysen durch ungewöhnlich viele seltene Keime auffiel. Vermutlich führten starke Niederschläge und Hochwasser zu erhöhten Pegelständen in Brunnen, was den Keimdruck ansteigen ließ.

Die Referenten widmeten sich vorwiegend den Themen Anlageneffizienz und Transformation,
das Spektrum wurde durch Rohstoffvorträge abgerundet

Thomas Huber, BrewXpert, präsentierte eine neu entwickelte Palette von Nährmedien für die mikrobiologische Qualitätssicherung, die den Anforderungen von Braumeistern entgegenkommen sollen: am liebsten preiswert, einfach, schnell und mit verlässlichen Ergebnissen. Die Nährmedien enthalten pH-unabhängige Indikatoren, die von den Mikroorganismen während der Anreicherung verstoffwechselt werden. Als Hemmstoff setzt Huber Zitronensäure ein.

Energiethemen bewegen

Wie können Brauereien die energetische Transformation erfolgreich meistern? Matthias Kern, IGS, stellte verschiedene (Förder-)Möglichkeiten vor und betonte, dass die Energieversorgung komplexer wird. An erster Stelle steht eine zunehmende Elektrifizierung und der Umbau zur „Niedertemperatur-Brauerei“ mit Heißwasser- und Eisspeichern. Kern rät, möglichst bald förderfähige Transformationskonzepte zu entwickeln, die einen konkreten Maßnahmenfahrplan enthalten. Er sieht die Transformation als durchaus machbar an. Sehr viele technische Lösungen sind marktreif – allen voran die Photovoltaik, mit der sich je nach Standort ein Autarkiegrad von 5 bis 60 Prozent erzielen lässt. Außerdem warb Kern für die Teilnahme am Betriebevergleich des Ingenieurbüros Schu, um kostengünstig den eigenen Energieverbrauch mit Branchenwerten vergleichen zu können.

 

Neben der Technik erschweren auch der Energieeinkauf und rechtliche Vorgaben den Brauereien den Alltag. Um wirtschaftlich zu bleiben, müssen sie in Energieeffizienz investieren, fasste Thomas Scheffold, Private Brauereien Deutschland, zusammen. Entscheidend ist dabei nicht nur der Einsatz neuer, energieeffizienter Anlagen, sondern auch eine intelligente Prozesssteuerung, mit der man sich die Möglichkeit schafft, auf den Spotmärkten günstige Energie einzukaufen. Dafür müssen Betriebe ihren Lastgang genau kennen und idealerweise selbst erzeugte Energie aus Photovoltaik als Wärme oder Kälte speichern. Die Einspeisevergütung als Wirtschaftsmodell wird tendenziell wegfallen.

 

Aus der Praxis: Anlagen zur Effizienzsteigerung

Christoph Hilsenbeck, Lammbrauerei Hilsenbeck, berichtete von seinen Erfahrungen mit einer CO2-Rückgewinnungsanlage von Dalum, die speziell für mittelständische Brauereien ausgelegt ist. Nur wenige Anpassungen waren nötig, etwa der Austausch eines zu kleinen Schaumabscheiders gegen einen vorhandenen Tank. Die meisten Wartungsarbeiten erledigt das eigene Personal, und die Kohlensäure-Reinheit übertrifft sogar die garantierten Werte. Hilsenbecks Fazit: „Die Anlage macht ihr Ding.“

Matthias Guth (Innowatech) stellte ein Verfahren vor, bei dem hypochlorige Säure je nach Bedarf direkt aus Wasser und Kochsalz in passender Konzentration erzeugt wird. Die „Just-in-time“-Produktion und kurze Lagerzeiten minimieren dabei die Entstehung von Chlorat.

Wie sich Fegedampfverluste reduzieren lassen, erläuterte Matthias Hubert, Centec. Um sauerstofffreies Wasser im Kessel zu erzeugen, wird kontinuierlich Dampf abgeblasen. Konkrete Messungen in verschiedenen Betrieben ergaben Verluste von 0,9 bis 4,2 Prozent der Kesselleistung. Eine Messung des Sauerstoffgehalts im Fegedampf und der Einsatz eines Ventils können bis zu 90 Prozent dieser Verluste verhindern. Die Installation amortisiert sich dank geringer Kosten oft schon in wenigen Monaten.

Jan-Martin Glöckner, Flottweg SE, gab einen Überblick über Separationstechnik in Brauereien. Man unterscheidet zwischen feststofforientierten Dekantern (z. B. zur Würzerückgewinnung oder Hefeabtrennung) und sogenannten Separatoren oder Tellerzentrifugen, mit denen sich etwa eine konstante Trübung in Kellerbieren einstellen lässt. Moderne Anlagen arbeiten vollautomatisch und erlauben die Vorgabe sämtlicher Parameter für verschiedene Rezepte.

Vor der Besichtigung der Gold Ochsen Brauerei in Ulm stellten Peter Wiedemann, Sebastian Hofer und Hans Wegele, alle Albert Frey, neueste digitale Entwicklungen bei KEG-Anlagen vor. Eine Differenzverwiegung vor und nach der Abfüllung mit statistischer Auswertung erfüllt die Anforderungen der Fertigpackungsverordnung. Ein angebundenes Datenbanksystem sorgt für die lückenlose Erfassung aller Produktionsdaten und eine lückenlose Rückverfolgung von Chargen.

Fazit

Ein gemeinsames Abendessen im Brauer-Internat und die Besichtigung der Gold Ochsen Brauerei mit der neuen Keg-Anlage bildeten den gelungenen Abschluss der zwei intensiven Seminartage. Der Techniktag Ulm überzeugte erneut mit praxisnahen Themen und lebhaften Diskussionen – insbesondere rund um die Energiewende. Nun heißt es zwei Jahre auf die vierte Ausgabe warten.

Dr. Christian Dekant

Eindrücke

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